© Tanya Traboulsi

#voicesfrom: Tanya Traboulsi, Beirut

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Mein Lockdown in Beirut

Leider geht es hier nicht so toll, abgesehen von Corona, das haben sie überraschenderweise im Griff, bzw. scheinen sie es im Griff zu haben, man weiss ja nicht ob die Zahlen die veröffentlicht werden auch 100% akkurat sind.

Aber hier hat der Lockdown ja schon fast 2 Wochen früher als anderswo begonnen. Und dauert derzeit noch bis 24. Mai. Es gibt auch eine Verkehrsregelung, die ich sehr schön finde und wünschte wir könnten sie so behalten, nachdem alles vorbei ist (leider unrealistisches Wunschdenken), man darf nur an gewissen Tagen Autofahren, je nachdem ob das Kennzeichen mit einer geraden oder ungeraden Ziffer endet. D.h. ich fahre wenn überhaupt derzeit nur Montag, Mittwoch und Freitag. Den Rest der Tage zu Hause oder zu Fuß!

Wenn es nur Corona wäre hier, würde es mir gar nicht viel ausmachen, um ehrlich zu sein. Leider haben wir aber eine galoppierende Inflation (1$ ist jetzt 4000LBP, früher waren es 1500LBP) und das Land ist bankrott. Sie haben jetzt wohl einen Rescue Plan zusammengestellt, aber wer vertraut der Mafia da oben denn schon! Wer weiß, ob das hinhaut. Es gibt einen sehr interessanten Podcast, falls dich die Politik hier interessiert, er heißt “The Lebanese Politics Podcast”, der sehr akkurat berichtet und erklärt und nicht nur einseitig. 

Ich verbringe die Tage hauptsächlich Zuhause, zum Glück hab ich ja meinen geliebten Kater Bob, wenn ich den nicht hätt’! Spazieren, manchmal am Meer, manchmal in meinem Viertel, ganz wenige Freunde sehe ich, so zwei bis drei. Im Grunde macht mir das social distancing ja wirklich nicht viel, da ich es ja sowieso auch in normalen Zeiten praktiziere :))) . 

Die Lokale haben seit dieser Woche wieder offen, aber auch nur (sowie in Österreich?) mit 30% Kapazität. Aber wer kann es sich derzeit schon leisten ins Restaurant zu gehen? Die meisten nicht. Maskenpflicht ist hier offiziell keine, aber man sieht kaum Leute ohne Maske und Handschuhe. Das war witzigerweise schon vor dem Lockdown so, als das Ganze mit dem Virus begonnen hat. 

Ansonsten sorge ich mich sehr um meine finanzielle Situation, wie alle hier, egal ob Künstler, Arbeiter, Angestellte, Selbständige, etc., keine Jobs in Sicht und man lebt halt vom Ersparten, falls man sowas hat. Die Preise im Supermarkt haben sich in den letzten paar Wochen verdreifacht und vieles kann man sich gar nicht mehr leisten. 

 

Tanya Traboulsi, Beirut, Mai 2020

Tanya Traboulsi ist Fotografin. Sie lebt und arbeitet in Beirut.

2019 zeigte sie im Rahmen von Culture X Change #Libanon einige ihrer Arbeiten in Wien (ega Frauenzentrum/Porgy & Bess)

www.tanyatraboulsi.com

 

COVID-19 currently has us all in its grip. We will therefor mainly use our contacts and share reports on the situation of people living in countries that are sidelined in the media and which, as it often does, are rarely heard or seen. We will also do it because people in low-income countries will be hit hardest by the pandemic!

#voicesfrom #covid19 #vidc #kultureninbewegung